Zurück zum Französischen Festland Als Jörg aus Hamburg wieder kam, schlug (na klar, wie sollte es anders sein?) das Wetter um. Es wurde wieder wechselhaft mit Gewitter und Sturm, was das Weiterkommen erschwerte. Vom Hafenkoller getrieben, legten wir schließlich trotz Gewitterwarnung und ungünstiger Windverhältnisse mit einem Reff im Groß und Starkwindfock ab. Unser Mut wurde nicht belohnt. Eigentlich hätten wir die Höhe zu einer Untiefentonne, die ein großes Flachwassergebiet begrenzt, segeln können. Wenn uns nicht der Strom mit 2 Knoten (ca. 4 km/h) seitlich versetzt hätte. Das Ergebnis waren 4 Stunden heftiges Gegenangebolze unter Motor. Ständig mit dem Gedanken im Hinterkopf: „Umdrehen?“ Ach nee , geht ja wegen der Strömung nicht…! Als wir dann endlich die Tonne erreichten und einen angenehmeren Kurs hätten segeln können, müssen wir wohl einen Schalter an der Tonne umgelegt haben. Denn der Wind ließ schlagartig nach und mit Segeln war nix mehr, weshalb wir auch die nächsten 4 Stunden weiter motoren durften. Die 2,5 m hohen Wellen begleiteten uns allerdings noch treu bis zur Hafeneinfahrt. In St. Cast-le-Guildo versuchten wir dann mal wieder, ein bisschen zur Ruhe zu kommen und machten uns unsere Gedanken, wie es so weiter gehen soll. Der Spaß am Segeln ist uns abhanden gekommen (was war das nochmal??), die Biskaya ist noch weit weg und das Wetter wird nicht besser. Der Gedanke an eine Überwinterung in der Bretagne machte sich in unseren Köpfen breit. Auch Ilona und Andreas aus Rostock, die wir auf Guernsey kennengelernt haben, suchten für ihren Kat „Yoko“ ein Winterlager und hatten sich dafür den Hafen in St. Brieuc ausgesucht. Also wollten auch wir dorthin segeln, um den Hafen mal zu begutachten. St. Quay-Portrieux anstatt St. Brieuc Die paar Meilen bei Windstille sollten doch zu schaffen sein, oder? Gleich nach dem Ablegen sichteten wir in einiger Entfernung eine Delfinschule mit ca. 20 Tieren. Hurra!! Könnte es wirklich ein schöner Tag werden? Ääähhh….nein. Nach einer Stunde Fahrt ging plötzlich der Öldruckalarm los! Entsetzt starrten wir uns an. Dann hektisches Handeln: Ölstand prüfen, ist o.k., trotzdem etwas Öl nachfüllen, Motortemperatur checken, ist o.k., Kühlwasser läuft auch! Dann ist hoffentlich nur der Alarm defekt!?! Segeln war keine Alternative, denn es herrschte ja Windstille und der Strom trieb uns auf eine Felsformation  zu… Glücklicherweise war ein holländischer Segler in der Nähe, den wir baten uns zu begleiten, falls die Maschine schlapp machen sollte. Das hat er gern gemacht, nur wollte er nicht nach St. Brieuc! So sind auch wir dann an unserem ursprünglichen Ziel vorbei gefahren und stattdessen in St. Quay-Portrieux gelandet. Im Hafen angekommen, verwandelten wir das Boot innerhalb weniger Minuten in ein Schlachtfeld, um den Fehler zu finden - vergeblich. Ein leckerer Entspannungs-Cocktail half uns, den Abend dennoch ein wenig zu genießen. Nach Gesprächen mit diversen Experten bestellten wir am nächsten Tag beim ansässigen Händler einen neuen Öldruck-Schalter, in der Hoffnung dass das die Lösung des Problems ist. Lieferzeit für das gute Stück: ca. 2 Wochen. Damit fiel die endgültige Entscheidung, dieses Jahr nicht mehr weiter zu fahren. Auch die Entdeckung, dass die Kühlwasserpumpe nach wie vor undicht ist, trug ihren Teil dazu bei. Dieser Defekt muss zumindest mittelfristig behoben werden. Nachdem wir also unsere erste Enttäuschung über die frühzeitige, nicht geplante Unterbrechung unserer Reise überwunden hatten, wurden wir ein bisschen ruhiger. Wir können nicht abstreiten, dass ein gewisser Druck von uns abfiel. Entsprechend entspannt saßen wir abends gemütlich mit einem Buch und einem Glas Wein im Boot, als wir draußen laute Schraubengeräusche hörten. Als Jörg den Kopf aus der Luke streckte, um nachzusehen was da los ist, machte es auch schon  RRRRRUMS und BigFoot erschütterte! Ein englischer Segler hat beim Einfahren in den Hafen unser Heck gerammt! Meine Güte, ist uns denn nicht einmal spät abends im Hafen ein bisschen Ruhe vergönnt??? Erste Begutachtungen mit der Taschenlampe ergaben, dass außer einem abgebrochenen Flaggenstock und einer verbogenen Reling keine größeren Schäden entstanden sind. Das englische Paar Deborah und Roy  kam, um sich zu entschuldigen und wir tranken zusammen erstmal ein Gläschen Rotwein auf den Schrecken. Die beiden waren seit 15 Stunden unterwegs und völlig übermüdet, aber auch sehr nett und so verbrachten wir in den kommenden Tagen einige schöne Stunden und feucht-fröhliche Abende mit Deb und Roy! Ende gut, alles gut! St. Brieuc anstatt St. Quay-Portrieux Nachdem uns ein durchziehendes Sturmtief mehrere Tage daran gehindert hatte, mit dem Schiff den Hafen zu verlassen, sollten am Dienstag, den 12. September endlich die Wetterbedingungen für den kurzen (9,5 Seemeilen) Törn nach St. Brieuc stimmen. Wir waren vorab mit dem Bus dorthin gefahren, um uns ein Bild von dem Hafen zu machen und haben uns letztendlich für ihn entschieden. Obwohl uns nur eine kurze Strecke bevorstand, waren wir etwas nervös. Was würde dieses Mal schief gehen? Feuer an Bord? Das hatten wir noch nicht… Aber dieses Mal ging endlich mal alles gut! Bei ablandigem Wind mit 4-5 Beaufort segelten wir recht gemütlich die Küste entlang. Und es kam sogar noch eine Gruppe von ca. 30 Delfinen vorbei, von denen einige direkt um unser Boot düsten. Großartig! Von solchen Tagen hätte es ruhig ein paar mehr geben können! Angekommen Nun sind wir in unserem Überwinterungshafen angekommen, in dem BigFoot bis Ende April bleiben soll. Wir glauben, dass wir eine gute Wahl getroffen haben: Der Hafen liegt super gut geschützt in einem Tal. Während ein nächtlicher Sturm in St. Quay-Portrieux alle Segler aus ihren Betten geholt hat, weil sie ihre Boote besser vertäuen mussten, haben wir den Wind hier kaum gespürt Nach ein paar Metern mit dem Fahrrad ist die Natur atemberaubend Die Stadt liegt zwar oben auf dem Berg, dort gibt es aber alle Versorgungsmöglichkeiten, die man braucht Außer Ilona und Andreas haben wir hier auch Bente und Arndt kennengelernt, die mit ihren beiden Kindern an Bord wohnen und die uns von Anfang an sehr nett aufgenommen haben Last but not least ist der Hafen sehr günstig, was ja auch nicht ganz unwichtig ist Fazit Ernüchternde Statistik: Zurückgelegte Seemeilen: 850 (ca. 1570 Km – auf unserer Ostseetour 2012 waren es doppelt so viele) Reine Segeltage: 8 (wirklich schönes Segeln: 4 Stunden) Hängestühle rausgeholt: 2x Ankertage: 3 Stunden! Gebadet: 5x Die ersten vier Monate unserer Reise sind nicht so verlaufen, wie wir es uns gewünscht haben. Zu dieser Zeit wollten wir eigentlich schon in Spanien sein und wir sind enttäuscht darüber, es nicht geschafft zu haben. Die Todesfälle inklusive Heimreisen und der, laut einem Fischer auf den Kanalinseln, schlechteste Sommer seit 30 Jahren schlugen auf das Gemüt. Hinzu kam das schwierige Segelrevier gepaart mit einem Notruf und immer wieder schwächelnder Technik, was  zuletzt selbst kleinste Distanzen zu einer mentalen Herausforderung werden ließen. Von entspanntem Reisen war nicht mehr zu reden. Jörg konnte selbst während der Hafentage nicht mehr wirklich abschalten. Trotzdem hat sich jetzt für uns doch alles noch irgendwie zum Guten gewendet. Es ist wohl die erste Lektion, die wir lernen mussten: es kommt immer anders als man denkt, und man kann sich einfach nicht auf alle Eventualitäten vorbereiten, sondern muss das Leben so nehmen, wie es eben ist. Wie geht es nun weiter? Denn es geht ja immer irgendwie weiter… In zwei Wochen wird unser Freund Mehldi mit dem Auto nach St. Brieuc kommen, um uns zu besuchen. Gemeinsam werden wir dann Anfang Oktober wieder nach Hamburg fahren. Das war sowieso geplant, weil Steffi´s Mutter ihren 80. (!) Geburtstag feiert. Mitte Oktober geht es für uns zurück nach St. Brieuc und wir werden hoffentlich die Motorprobleme in den Griff bekommen und BigFoot winterfest machen. Im Dezember werden wir voraussichtlich wieder in Hamburg sein. Für die Zeit danach haben wir noch keine konkreten Pläne. Von Freunden haben wir tolle Angebote erhalten: Haus auf den Kanaren einhüten, Gästezimmer beziehen… Wir sind begeistert!
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